Marokko


Rund um den Jbel Begaa

Da uns der Rummel rund um Merzouga nicht gefällt und noch Sprit im Tank ist, verlassen wir den Ort sofort wieder in Richtung Jbel Begaa den wir am frühen Nachmittag erreichen. Wir stellen den Camper auf eine Anhöhe und geniessen die geruhsame Wanderung auf den sandverwehten, schwarzen Berg mit seinem fossilienreichen Gestein und der Weitsicht auf dem Gipfel.

Am nächsten Tag umrunden wir den Berg und den anliegenden Erg Znegui meist auf topfebenen Regebenen. Die Region ist mineralhaltig, das zeigen die kleineren verlassenen Abbaustellen entlang der Piste und die Geisterstadt Mfiss, alles noch Installationen aus der Kolonialzeit.

Die Umrundung endet wieder in Merzouga, wo wir schliesslich doch noch eine sympathische Auberge finden und zwei Nächte bleiben.

Viel Sand bis kurz vor Sidi Ali

Nach einem kurzen Stück Goudron bis Taouz, biegen wir auf eine vorerst harte Lehmpiste ab, an der es erstmal prähistorische Felsgravuren zu sehen und frischen, würzigen Wüstenruccola zu ernten gibt.

Bald erreichen wir dann den kleinen Weiler Ramlia, nach welchem das berüchtigte Oued Rheris zu durchqueren ist. Das Oued ist 5km breit und ist gefüllt mit Tonerde, die von den nach Regenfällen immer mal wieder gewaltigen Wassermassen herangeschwemmt wird. Durch die Sonne getrocknet, wird sie zuerst hart, zerbröselt dann aber bald zu feinstem Staub, dem sogenannten ‘Fech Fech’. Dieser liegt hier teilweise knietief und ist sehr schwierig zu durchfahren. Um die Auflage und damit die Traktion zu erhöhen, lassen wir einen Drittel der Luft in unseren Reifen ab und überwinden so die Passage problemlos, aber gefühlt mehr schwimmend als fahrend.

Nach einigen weiteren sandigen Kilometern wird die Piste steiniger, aber die tiefliegende Abendsonne lässt keine Weiterfahrt gegen Westen mehr zu. So übernachten wir, wo wir sind, in den Bergen vor Sidi Ali Tafraoute.

Staubig bis Tagounite

Die kurz Strecke bis Sidi Ali Tafraoute führt auf harter Piste dem Oued El Maider entlang, wo wir über die vielen Bienenkästen erstaunt sind. Es gibt zwar Brunnen, was auch Feldwirtschaft ermöglicht, doch das einzige was gerade hier blüht, ist der wilde und auch der extra angebaute Ruccola.

Nach der Querung des Lac Maider geht’s über topfebene, schnell zu fahrende Regebenen bis Oum Jrane und über einen steinigen Pass ins Oued Mird. Hier am Rande eines Hochplateaus gibt es so viel Grundwasser, dass das eigentlich trockene Oued auf einer Länge von 30km fruchtbar gemacht werden konnte.

Weiter im Süden werden wir dann an einem Militärposten an der Weiterfahrt auf der geplanten Route gehindert und müssen auf eine andere Piste nach Westen ausweichen. Schon am Nachmittag ist ein starker Wind aufgekommen, der sich mittlerweile zu einem ekligen Staubsturm entwickelt hat, der auch die Sicht stark behindert und nachts den Camper durchschüttelt.

Anderntags geht es weiter über steinige, steile Pässe und staubige Ebenen. Der Wind hält an und mit knirschenden Zähnen und sandigem Luftfilter erreichen wir Tagounite.

Über Stock und Steine nach Foum Zguid

Nachdem wir unsere Vorräte aufgestockt und getankt haben, verlassen wir die vom Wind mit Staub geschwängerte Stadt Tagounite in Richtung Westen. Auf der zwecks Erschliessung der Landwirtschaft neu gemachten Piste kommen wir zuerst schnell voran.

Nach circa 40km verschlechtert sich die Piste abrupt und es gibt ausser den Spuren der Kleinmotorrädern der Nomaden (der Marke Docker aus China) kaum Hinweise darauf, dass sie überhaupt noch befahren wird. Wir ergattern uns noch die ersten paar Kilometer und übernachten bei einigen Palmen neben einer Wasserstelle in einem Oued, in der Nähe eines Nomadenfriedhofs.

Am nächsten Tag hötterlen wir scheinbar endlos entlang eines Tafelbergs, zahllose kleine Oueds querend, kaum merkbar ansteigend, über Stock, Stein und Platten auf eine Passhöhe zu.

Wie man hier nun über die steilen 300Hm ins Tal runter kommt, kann im wahrsten Sinn als spannend bezeichnet werden.

 
Jedenfalls nennen wir unser Fahrzeug ab sofort respektvoll ‘The Dancing Chameau’ und sind ihm dankbar – uff!

Foum Zguid

Der Muezzin singt wunderbar hier in Foum Zguid! Das ist nicht überall gleich. Stephan macht sogar das Fenster beim ersten Ruf auf, damit wir seinen Gesang gut mitbekommen. Die Oasenstadt liegt umrahmt von hohen kahlen Bergen an einem Oued, das jedoch kaum Wasser führt.Wir geniessen auf dem gemütlichen Camping ein paar ruhige Tage.

Es hat zig Lädeli, ich verstehe das System noch nicht so genau. Man kann aber fast alles haben. Oliven gibt es beim einen Gemüsehändler, der andere hat dafür auch noch Eier. Wo ich Käse bekam, waren auch viele am Essen und wurde auch Brot und Kaffee verkauft. Wo Laiterie stand, gabs nur Fleisch, aber fast alle verkaufen Nüsse und Sweets. Brot hat fast jeder, aber eben nur fast. Ja dann hat’s noch viele Läden mit elektronischen Ersatzteilen, Motomechaniker, Schlosser, Geschäfte mit Gartengeräten, Putzgeräten, Seifen und Oele, Automechaniker und Kissenverkäufer. Wo es coole Musik hat, gibt es Telefone und Zubehör. Auch Kleiderläden mit modischen Outfits, gemischt mit Chellabas und bunten Tüchern gibt’s. Ein Schuhmacher flickt gerade Schuhe, eine Schneiderin näht Kleider und hat viele schöne Stoffe und Bordüren im Laden neben einer kleinen Bäckerei mit selbstgemachten Kuchen.

Die Palmeraie ist wunderschön. Aus den Palmblättern flechten sie kleine Zäune, um den Wind und den Sand von ihren Gärten abzuhalten. Diese sind recht stabil und sehen auch noch hübsch aus. Die Gärten sind schön gepflegt, aber im Moment hat es nur Gras und Klee für die Tiere. Der Weizen ist geerntet.

Nach der Palmeraie und den Gärten durchquere ich das breite Oued Zguid und komme nach einer halben Stunde in das kleine Dorf Tanzourout gegenüber von unserem Camping. Dort treffe ich die Lehrerin des Kindergartens. Ich werde eingeladen die Schule zu besuchen. Die Kinder sitzen alle ganz brav in ihren Bänken. Ich darf ihre Zeichnungen bestaunen und sie bestaunen mich, die Touristin mit dem Hund.

Danach wurde ich zum Tee ins Haus der Familie der Kindergärtnerin eingeladen.

Das Leben findet hier auf der Strasse statt, man redet miteinander, trinkt Tee, und die Jungs spielen Fussball. Die African League findet jetzt im Januar in Casablanca statt und Marokko hat eben Mauretanien 4:0 geschlagen! Da darf man schon stolz drauf sein.

Militärbedingte Rundtour

Wir verlassen nach drei Tagen das schöne Foum Zguid und biegen nach 50km Asphalt in den Süden ab. Die Piste nach Tata ist gut, doch schon nach wenigen Kilometern offiziell gesperrt. Wir fahren dennoch weiter, passieren einen Militärposten, der uns kontrolliert und unsere Weiterfahrt vom Kommando absegnen lässt. Leider sind die Militärs nahe der algerischen Grenze 20km später anderer Meinung, lassen sich durch meine Argumentationen nicht beeindrucken und eskortieren uns auf eine Piste zurück in den Norden. Schon nach kurzer Zeit stellen wir uns für die Nacht auf einen Hügel auf dem Mond und geniessen die Abendsonne.

Anderntags geht’s zuerst an vorübergehend dicht gemachten Nomadenlagern und Wasserstellen vorbei zurück nach Tissint an der N12 …

… und dann ungefähr 300km auf der Nationalstrasse nach Südwesten durch Tata bis Assa, von wo wir nun dem Oued Draa folgend nach Westen zum Atlantik gelangen wollen.

Durchs Oued Draa …

Das Oued Draa bildet nach heftigen Regenfällen mit 1100km den längsten Flusslauf Marokkos, ist aber hier im Süden normalerweise trocken. Wir wollen seinen letzten 200km in Richtung Westen zum Atlantik folgen. Die Piste schlängelt sich am ersten Tag fast 150km im bis zu 10km breiten Tal eingesäumt von zwei Bergketten hin und her, führt mal über Reg, Geröll und Schotter, mal durch lange sandige Passagen und über viel hart getrockneten Lehm.

Die wenigen Nomaden hier leben von der Kamelzucht und es ist gerade die Jahreszeit, zu der diese ihre Jungen haben. Es ist berührend, diesen erhabenen, urtümlichen Tieren, die in dieser unberührten Natur frei leben, zu begegnen.

Anderntags und nachdem das eigentliche Oued das Tal durch die nördliche Bergkette verlassen hat, fahren wir zuerst dem Tal entlang und gelangen dann über zwei abenteuerliche Bergwege, die wir erstmal zu Fuss erkunden, und zuletzt durch ein immer enger werdendes Flussbett bis auf einen Kilometer an den Flusslauf zurück. Dort ist Ende der Fahnenstange bzw. steht eine einzige Palme genau in der Mitte und die Motorsäge ist leider zu Hause geblieben.

So kommen wir zu einer weiteren herrlichen Nacht in den dem Oued nahe gelegenen Hügeln

und gelangen dann auf eher konventionellem Weg (sprich auf Strassen) beim schönen Camping-Hotel ‘Ksar Tafnidilt’ in der Nähe eines alten französischen Forts wieder ins Oued Draa.

… bis an den Atlantik

Nach einer vielseitigen Fahrt durch Sand und Schlamm entlang des Oued Draa erreichen wir nach einer letzten Querung des Oueds, das hier sogar Wasser führt, eine recht neue ‘Wellblechpiste’, die uns an seine breite Mündung am Atlantik führt, zum Cap Draa.

Der Weg nach Westen ist damit beendet und die Weiterfahrt führt nun der Küste entlang nach Süden. Die Szenerie hat sich komplett verändert: Die Ruhe der Wüste ist dem Getöse der Brandung gewichen, statt ganz allein auf Pisten fahren wir auf Strassen mit recht viel und vor allem Güter-Verkehr, die Ortschaften sind nicht mehr verschlafen, sondern lebendige Durchgangsstationen und es sind viele und grosse Camper unterwegs.

Nach einer Nacht irgendwo auf einer Nebenstrasse landen wir schon früh am Tag im Parc National de Khenifiss, einer riesigen Lagune meerseitig gesäumt von Dünen und landseitig von ziemlich ödem Flachland. Im dazwischen liegenden Brackwasser fahren die Fischer bei Flut raus um ihre Leinen zu platzieren und bei Ebbe ernähren sich diverse Vogelarten in den für Fische zu Fallen gewordenen Pfützen.

Wir stehen am Rand der Lagune und obwohl das hier ein freier Standplatz ist, ist auch dies anders als bisher: es gibt einen Parkwächter, der uns zum Tee einlädt, man bezahlt 20 Dirham pro Nacht, es gibt sogar Mülltonnen – man fragt sich jedoch wozu? – und gegen Abend stellen sich viele andere Camper, vor allem Franzosen, dazu.

Was hier an der Küste aber gleich ist, wie überall an der Grenze Marokkos, sind die in regelmässigem Abstand vorhandenen Militärposten. Viele davon sind eher improvisierte Behausungen und besetzt von Soldaten mit bescheidener Ausrüstung.

Nachtrag zu Khenifiss

Weil das Wetter schöner wurde und uns die langen Spaziergänge an der Lagune gut tun, bleiben wir hier noch einen Tag und gehen nochmals auf Vogelschau.

Übrigens ist das blaue, wie ein poppiges Kondom anmutende Ding nicht etwa ein solches oder sonst ein Abfallstück, sondern ein höchst interessantes Lebewesen der Gattung der Staatsquallen, eine ‘Physalia physalis’ oder zu deutsch eine Portugiesische Galeere.

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