
Ab November 2023 werden wir wieder in Afrika unterwegs sein … 😎
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Unsere Visa laufen bald ab, doch zur Grenze nach Tunesien ist es nicht mehr wirklich weit. Die wenigen Tage, die wir in Algerien noch frei haben, kosten wir deshalb gemütlich aus und verbringen diese, zwar fast etwas unmotiviert, aber wehmütig dem Meer entlang.
Bei Azeffoun stellen wir uns an die momentan noch ruhige Plage ‘Garoubier’ und später in der Nähe von Collo in den kleinen Fischerhafen von Ben Zouit und geniessen nochmals je zwei Tage die Gastfreundschaft der freundlichen Menschen hier.
Danach und nach vollen drei Monaten im Land gilt es definitiv ernst, wir fahren zur Grenze bei El Aioun und nehmen Abschied von Algerien.
Schon von unserem Übernachtungsplatz in den Wäldern der Chaine des Bibans sehen wir im Norden das Djurdjura-Massiv mit den ersten “richtigen” Bergen seit dem Hoggar. Vom südlich gelegenen Tiefland des Oueds Soummams sind es gut 2000 Höhenmeter bis zum höchsten Gipfel, dem Lalla Khedidja (2308m).
Auf engen Bergsträsschen, die sich den steilen Hängen entlang und durch Zedernwälder in die Höhe schlängeln, gelangen wir zum Ski-Resort Tikjda auf 1500m, welches in der aktuellen Jahreszeit eher verlassen wirkt.
Kurz danach liegt die Baumgrenze und wir erreichen auf der noch mit Schneeresten gesäumten Strasse auf 1869m unseren höchsten Punkt im ‘Gerger’, wie die Kabylen ihre Bergkette nennen. Es windet heftig, ist mit 2°C saukalt und fieser weise stecken wir bald in den Wolken. Dichter Nebel vermiest uns so die Sicht auf dem spektakulärsten Stück der Strasse, einem Kilometer genau auf einer Krete. Hier würde man gen Norden steil auf die gut 1000m weiter unten liegenden Weiler sehen und nach Süden ebenfalls immerhin 600m ins Tal.
Doch nur wenig weiter unten, nach dem Tizi N-Kulal-Pass auf 1589m, verzieht sich der Nebel und gibt die grandiose Sicht auf die extrem hügelige und dicht besiedelte Landschaft der Grossen Kabylei frei. Nach der relativ zügigen Abfahrt vom Berg, kurven wir dort auf schmalen Strassen scheinbar endlos rauf und runter und schlängeln uns durch enge Dörfer und von Autos verstopfte Städtchen, bis wir gegen Abend recht müde ans Meer kommen.
Ab Brezina sind wir schon irgendwie im “es geht heimwärts”-Modus. Die Gültigkeit unserer Algerien-Visa neigt sich dem Ende und wir haben nach zweieinhalb Monaten Sand auch mal wieder richtig Lust auf saftiges Grün und auf’s Meer.
Wir beschliessen also, etwas vorwärts zu machen und zügig in die Kabylei zu kommen.
Als erstes geht’s deshalb durch die offene und weite Berglandschaft des Saharaatlas nach Nordosten.
Unterwegs locken uns unter anderem Elefanten in der Nähe von El Ghicha doch noch zu einem kurzen Abstecher.
Und nach der Querung des einigermassen flachen Hochlands der Schotts erreichen wir den Tellatlas, wo es in den Bergen der Chaine des Bibans am Südrand der Kabylei seit langem wieder so etwas wie Wälder gibt.
Die “Barrage”, wie der Stausee hier bei Brezina kurz genannt wird, ist schon eindrücklich. Ein relativ kleiner Damm bei einer Scharte in einer Hügelkette genügt, um vom Saharaatlas abfliessendes Wasser auf einer Breite von etwa 13km zu einem bizarr geformten See zu stauen.
Schon von weit oben sehe ich auf dem See immer wieder ein Boot und als wir unten sind, kommt es gerade um die Ecke aus einer Bucht. Die freundlichen Fischer bieten uns an mitzufahren, was wir uns nicht zweimal fragen lassen. Sie fahren mit uns im Zickzack auf dem See hin und her und klopfen laut auf die Planken, um die Fische in ihre Netzbarriere weiter unten im See zu treiben. Die Beute, die sie aus dem Netz holen, nachdem sie uns wieder am Ufer abgesetzt haben, ist mit 16 Fischen à 10 bis 15 kg erstaunlich.
Auf dem Rückweg zu unserem Biwakplatz, fast schon wieder auf dem Rücken der Hügelkette, stossen wir noch auf “la grotte”, von welcher uns erzählt wurde und die vor lauter Fischen in Vergessenheit geriet. Durch ein kleines Loch geschlüpft, tut sich eine immerhin etwa 50m lange Höhle mit einigen Stalaktiten auf.
Die fünf Oasen um Taghit, verbunden durch eine mehr als 10km lange Palmerie, liegen malerisch schön zwischen dem Oued Zousfana und den Dünen des Grossen westlichen Ergs. Die Gegend ist ein beliebtes Ziel des inneralgerischen Tourismus, es gibt einige grosse Hotels und es werden Ausflüge in die Umgebung angeboten. Und ähnlich wie in Merzouga in Marokko oder Ksar Ghilane in Tunesien, fahren diese unsäglichen und lärmigen Quads bis spät in die Nacht und schon früh morgens die Dünen kaputt.
Taghit ist also nicht so unser Fall und wir starten schon nach einer Nacht hier unser letztes grosses Vorhaben in Algerien, nämlich nur auf Pisten und offroad direkt bis nach Brezina zu kommen.
Um von Zaouia Fougania unerkannt wegzukommen, fahren wir vom Camping zu den nahen Dünen, während 15km diesen entlang nach Norden und dann noch 35km auf der RN6b bis zum eigentlichen Einstieg der Tour, einem Pistenstück, das wir auf den OSM-Karten entdeckt haben.
Ein alter Wikiloc-Eintrag hilft ein wenig bei der Querung der Dünen des nördlichen Zipfels des Grossen Ergs und der Weiterfahrt nach Osten.
Der Weg durchs Oued Namus und eine Rampe durch die nachfolgende Falaise sind schwer zu finden.
Spuren entlang (aber welchen?) bis südlich von El Bnoud.
Trotz der Handzeichen eines Locals fühlen wir uns im Oued El Rharbi wie in einem Irrgarten. Erst oben am gegenüberliegenden Plateaurand gibt’s schliesslich wieder Übersicht.
Im Übrigen verlassen wir uns auf unsere Erfahrung und Intuition – und auf unsere Geduld.
Nach fünf Tagen haben wir statt der rund 500km auf Nationalstrassen eine wunderschöne und abwechslungsreiche Wüstentour hinter uns und waren auf insgesamt 650km u.a. auf Fels über eine Bergkette, auf Sand über Dünen, auf Lehm durch Oueds, auf Geröll durch Falaisen hoch und runter und auf Reg über weite Ebenen unterwegs.
Gegen Abend stocken wir in Brezina unsere Vorräte auf und fahren dann zum nördlich der Stadt gelegenen Stausee. Es ist schon dunkel, als wir dort ankommen.
Wir verlassen Beni Abbes wieder einmal an einem Freitag, also dem Sonntag in muslimischen Staaten, und fahren in aller Ruhe ins Oued de la Saoura am Rand des Grand Erg Occidental, dem wir ab Reggane schon so oft gefolgt sind.
Die anfänglich harte Piste verliert sich bald einmal und wir haben einige kleine Dünenausläufer des Grand Erg Occidental zu überqueren, bevor wir dann im staubigen Weichsand direkt dem trockenen Flusslauf bis Mazzer folgen.
Weiter geht’s dann auf einer der Nebenstrassen, die hier die direkt am Erg liegenden Oasen verbinden, bis wir auf die RN6b nach Taghit stossen.
Kaum auf der Nationalstrasse angekommen, sind sie wieder da, unsere Beschützer der Gendarmerie. Obwohl sie uns nicht gängeln, nerven sie und ich schaue mehr in den Rückspiegel als aufs Armaturenbrett, sodass wir kurz vor Taghit mit einem EDC-Fehler (Electronic Diesel Control) stehen bleiben.
Es ist mir entgangen, dass der Tank unterdessen fast leer ist und bei grosser Hitze und ruhiger Fahrt hatten wir dies schon einmal: Obwohl noch etwas Sprit im Tank ist, gelangt Luft ins System und fertig ists. Wir schütten erstmal Diesel nach und mit Hilfe des Haarsprays der Frau von Yousef, eingespritzt in den Luftansaugstutzen, starten wir den Motor solange, bis wieder Diesel angezogen wird und er selbständig läuft. Zum Glück hält die Batterie dieser Tortur stand 🙂
Etwas müde, aber glücklich, fahren wir danach zum kleinen Campingplatz ‘Jnane Tkoumit’ in Zaouia Fougania, einem Nachbardorf von Taghit.
Da unser Projekt von der Polisario Administration sabotiert wurde, beenden wir unsere Arbeit und verlassen die Lager.
Ab dem Militär-Checkpoint vor Tindouf werden wir um die Stadt herum zum nördlichen Gendarmerie-Checkpoint geführt und können dort nach längerem Verhandeln eine Eskorte bis nach Béchar verhindern. Sie versprechen uns, dass wir ab Oum El Assel (nach etwa 160km) allein weiterfahren können.
Dort stellt sich aber heraus, dass wir belogen wurden und die Eskorte mindestens bis Hassi Khebi, also weitere 200km fortgesetzt werden soll. Wir drehen daraufhin beim Checkpoint kurzerhand um und fahren zurück ins Dorf, wo wir erstmal essen gehen, während unsere Bewacher in der Hitze warten. Später und nach einigen Diskussionen lassen sie uns aus heiterem Himmel fahren. Unverzüglich nutzen wir die Gelegenheit, denn wir trauen der Sache nicht ganz, und schaffen es, unerkannt ins 70km entfernte Oued zu verschwinden, in welchem wir schon auf der Hinfahrt einige Tage biwakierten. Und dem netten Herrn von der Gendarmerie National, der dann abends sechs mal anruft (“Bonjour Monsieur Stephan …”), verrate ich unseren Standort partout nicht.
Anderntags sind wir ab dem Checkpoint bei Fort Lotfi (Tinfouchy) natürlich wieder auf dem Radar der grünen Männchen, wehren aber auf den nächsten 400km alle Versuche uns eine Eskorte aufzudrücken durch stures Stehenbleiben, unvermitteltes Umdrehen und renitentes Diskutieren erfolgreich ab. Observiert werden wir aber dennoch und als wir gegen Abend kurz vor Hamaguir auf eine Piste nach Süden abbiegen, werden wir nach 2km filmreif ausgebremst und zurück zur Strasse gebracht. Dort verweigern wir die Weiterfahrt zum 10km entfernten Posten, mit dem Hinweis auf unser Alter und die sich anbahnende Dunkelheit und bescheren so sechs Gendarmen eine Nacht in ihren zwei Nissans.
Morgens gibt es gemütlich Kaffee und nebenbei die unterdessen routinierten Verweigerungsspielchen mit diesmal erkennbar müden und genervten Gendarmen. Dass die den Quatsch mit den Eskorten immer wieder vorbringen und dann doch nicht durchziehen, ist uns mittlerweile ein Rätsel. Wir fahren jedenfalls wieder uneskortiert weiter, biegen in Mechraa Houari Boumediene nach Süden ab und erreichen nach einer kleinen Schleife Beni Abbes von Süden.