Afrika 2019-2020


Passe-Avant et al

Für die temporäre Einfuhr bzw. Inverkehrssetzung unseres Fahrzeugs brauchen wir hier in Afrika jeweils ein länderspezifisches Dokument der Zollbehörden oder einen Stempel im ‘Carnet de Passage en Douane’ (CPD), für welches wir beim TCS eine Kaution hinterlegen mussten. Hier in Mauretanien ist es ein sogenanntes Passe-Avant, welches leider bloss 30 Tage gültig ist und bald abläuft.
Beim zweiten Anlauf beim Zoll in Atar, haben wir Glück und treffen den Douanier Abdellahi, der uns weiterhilft. Weil er selber keine Verlängerung ausstellen darf, macht er ein Foto des alten Passe-Avants, schickt dieses per Whatsapp nach Nouakchott in die Zollverwaltung und druckt anderntags das verlängerte, das er auch wieder als Foto erhalten hat, irgendwo für uns aus.

Nachdem wir nun alle Dokumente für einen weiteren Monat in Mauretanien haben, ergänzen wir unsere Vorräte, füllen Tanks und Bidons auf und fahren wieder zur nahegelegenen Barrage im Oued Seguelil, wo wir erstmal drei gemütliche und auch für Achat herrliche Tage am einsamen See verbringen, bevor wir uns in Richtung Nouakchott, der Hauptstadt Mauretaniens, aufmachen.

Via Aoujeft ins Oued Hnouk

Auf dem Weg nach Aoujeft auf dem Adrar-Plateau, wächst der ohnehin schon starke Wind zu einem veritablen Sandsturm heran. Das scheint hier oft so zu sein, denn die neue Teerstrasse ist bereits an vielen Stellen von recht grossen Dünen fast blockiert. Entgegenkommende Militärkonvois haben damit ihre liebe Mühe und versenken ihre Landcruisers gleich reihenweise.

Etwa 25km nach Aoujeft fällt die Strasse vom Plateau ab und quert das breite Oued Timinit. Wir reduzieren den Reifendruck auf 2 bar und verlassen die Teerstrasse ins weichsandige Oued. Wegen dem Sandsturm ist die Orientierung schwierig und schon nach wenigen Kilometern versenke ich den Sprinter aufgrund einer Fehlentscheidung komplett. Wir haben über eine Stunde, um ihn frei zu bekommen, fahren dann aber mit nur 1 bar Druck recht locker weiter.

Im abgelegenen, kleinen Ort Ouagchogga, dem letzten Ort für die nächsten 400km, sind wir über das Angebot im kleinen Dorfladen genauso erstaunt, wie die Besitzerin dann über unseren Einkauf. Nach einer kurzen, aber heftigen Passage über Felsen, erreichen wir jedenfalls mit zwei tiefgefrorenen Yogidrinks das Tagesziel, den imposanten Canyon am Ende des Oued Hnouk, wo wir dann einen fast windstillen Platz für die Nacht finden.

Vom Hnouk Canyon nach Nouakchott

Aus dem Oued Hnouk machen wir uns dazu auf, den grossen Erg Amatlich in Richtung Südwesten nach Nouakchott zu durchqueren. Was uns auf den kommenden ca. 350km erwartet, wissen wir nicht wirklich. Wir haben zwar einen alten GPS-Track, aber nur vage Infos zur kaum befahrenen Route. So werden die nächsten drei Tage recht spannend und intensiv. Die Vielfalt der Landschaft und der Beschaffenheit des Geländes überrascht uns und die Anforderungen an die Orientierung sind immer wieder herausfordernd.

Ein Brunnen unterwegs: Eine solarbetriebene Tauchpumpe fördert das Grundwasser aus etwa 5m Tiefe an die Oberfläche.

Ansonsten sind einige Nomaden, die verlassene Mine bei Bou Naga, Autowracks und eine künstliche, fast schon absurde Privat-Oase die wenigen Zeugen menschlichen Daseins auf mehr als dreihundert einsamen Kilometern …

Die letzten weichsandigen 60km kurvt Susan elegant zwischen den Büschen über die sich endlos dahinziehenden kleinen Dünen bis wir dann ziemlich abrupt auf der Route de l’Espoir landen. Nach weiteren 70km auf der Teerstrasse kommen wir dann in der Millionenstadt Nouakchott an.

Nouakchott

Genau zur Mittagszeit erreichen wir die Hauptstadt der Mauren und arbeiten uns durch den chaotischen Verkehr. Am nächsten Morgen gehen wir zur Botschaft von Mali und erhalten dort recht schnell und unkompliziert unsere Visa.
Uns bleibt also genug Zeit auch gerade noch bei der Algerischen Botschaft vorbei zu gehen. Die Grenze zwischen Mauretanien und Algerien bei Tindouf ist seit August 2018 nach langer Zeit wieder offen. Wir sind aber die ersten westlichen Touristen, die von hier aus nach Algerien fahren wollen, sodass die Leute auf der Botschaft erstmal erstaunt sind. Wir werden aber sehr nett empfangen, können dank der Einladung der Polisario die Visaanträge stellen und es wird uns gesagt, dass der Sache eigentlich nichts im Weg stehe.

In der Hoffnung die Visa schon bald zu erhalten, entschliessen wir uns noch einige Tage in Nouakchott darauf zu warten. So müssten wir auf der Rückreise nicht nochmals hier vorbei kommen. Bei Hadj auf dem Camping ‘Tergit Vacances’ direkt am Meer lässt es sich auch aushalten. Achat geniesst es in den Wellen und im Sand und die Abkühlung abends ist angenehm. Nicht weit neben dem Badestrand, wo wir mitkriegen, was Mauren so in ihrer Freizeit tun, befindet sich der Pirogenhafen und pulsiert das harte und schmutzige Leben rund um die Fischerei.

Die Route de l’Espoir bis Kiffa

Nach einer Woche verlassen wir Nouakchott auf der Route de l’Espoir. Sie ist die einzige geteerte Fernstrasse quer durch Mauretaniens Wüste und die einzige direkte Verbindung in die südöstlich gelegenen Staaten Westafrikas. Das ihr entlang verlaufende Land wurde seit fast 40 Jahren für viele Nomaden zur neuen Heimat, wovon die vielen ärmlichen und schmutzigen Neusiedlungen zeugen. Die Strasse ist momentan für hiesige Verhältnisse von überraschend guter Qualität, es hat aber, wohl der Lage in Mali wegen, kaum Transitverkehr.

Wir kommen gut und entspannt voran, doch kurz vor Kiffa passiert’s: der Motor stirbt ab, wir rollen aus und bleiben mit roter EDC-Leuchte (Electronic Diesel Control) in einer der kleinen Siedlungen am Rand der Strasse stehen. Hier im technologischen Nichts eher ein Worst Case Szenario und nicht einmal tief Durchatmen ist bei 38° im Schatten wirklich möglich. Doch wir hatten noch nicht mal alle unsere Optionen durchgecheckt, da tauchen wohl die einzigen Engel weit und breit, Ulli und Mike aus München in einem Landcruiser auf. Sie sind extrem hilfsbereit und bieten an, uns nach Kiffa abzuschleppen und schon wenig später stehen wir bei einem Mécanicien in Kiffa. Bewaffnet mit einem 13er-Schlüssel, einer Zange und Bremsreiniger macht dieser sich unter der Kühlerhaube und unter vielen neugierigen Augen an die Arbeit. Strukturiert entfernt er Schlauch für Schlauch und checkt jeweils die Dieseldurchführung, in dem der Motor mit “Direkteinspritzung” von Bremsreiniger immer wieder kurz angeworfen wird. Schliesslich steht fest, dass im Schlauch zwischen Tank und Dieselfilter nichts fliesst. Also wird da heftig reingepustet bzw. vom Gehilfen daran gesogen und ich fülle noch einen Zusatzkanister mit Gasoil nach. Als nach längerem Betätigen des Anlassers dann wieder das vertraute Schnurren des 5Zylinders ertönt und die EDC-Leuchte erlischt, fällt mir ein Stein vom Herzen und mir rutscht ein ‘Allahu Akbar’ heraus, ganz zur Belustigung der Anwesenden.

Dass dies alles so schnell und unkompliziert abgegangen ist, haben wir Ulli und Mike zu verdanken – nochmals ganz herzlichen Dank!

Auf nach Mali …

Nachdem unser Chameau wieder läuft, tanken wir es voll und verlassen Kiffa auf der Teerstrasse nach Süden. Die ganz neue Strasse endet nach ca. 90km und kurz nach Kankossa ziemlich abrupt . Eine Tafel mitten auf der Fahrbahn meint “‘Danger” und nach der Abfahrt vom Trassee stehen wir im Sand. Bis Hamoud, dem letzten Ort in Mauretanien, fahren wir dann, wie in der Sahel häufig, in schmalen, ausgefahrenen Spuren auf hartem Grund durch Akazienhaine. In Hamoud müssen wir bei der Gendarmerie eine Erklärung schreiben, dass wir auf eigene Verantwortung weiterreisen und werden dann von einem Töffli die kurze Strecke bis zur Grenze begleitet. Schon bald kommen wir ins Dorf Bafarara, wo es zu unserem Erstaunen einen Posten des malischen Zolls gibt. Wir werden mit einem herzlichen “soyez les bienvenus” empfangen und der Douanier stempelt sogar unser CPD. Im 60km entfernten Aurou stempelt der Gendarme dann noch unsere Pässe, womit wir nun auch offiziell in Mali eingereist wären.

Die langsame Fahrt durch die immer bewachsenere Savannenlandschaft mit den kleinen, ordentlichen und sauberen Dörfer und den freundlichen und zurückhaltenden Menschen, ist schön und kurzweilig. Auf der extrem holprigen Piste begegnet man keinen Autos und nur vereinzelt Lastwagen, aber Eselskarren und vor allem Töffs. Gefühlsmässig bald kommen wir in der Stadt Kayes an, wo wir eine Nacht auf dem Parkplatz des Hotels ‘Kamankole’ verbringen.

… und ins Cool Camp

Unser nächstes Ziel hat den verlockenden Namen ‘Cool Camp Mali’ und wir hoffen, dass das Versprechen, das der Name impliziert, auch gehalten wird. Es ist nämlich heiss hier in Mali, tagsüber im Moment so um die 38°C.
Die Strasse von Kayes nach Manantali, wo das Cool Camp liegt, ist asphaltiert, meist von guter Qualität und sozusagen frei von Autos. Erst führt sie auf der Westseite dem Senegalfluss entlang, dann quert man den Fluss auf einer Brücke und kommt nach einem weiten Bogen nach Osten genau an der Stelle zurück, wo die zwei Flüsse Senegal und Baffing zusammenfliessen. Hier geht es dann auf einer kleinen Fähre nach einer längeren Mittagspause der Crew wieder über den Senegal zurück nach Westen, wenig später auf einer ausrangierten Eisenbahnbrücke über den Baffing und diesem entlang nach Süden bis nach Manantali. Wir schaffen die 260km mit allem Drum und Dran in ca. 6 Stunden.

Schon von weitem sehen wir die breite Manantali-Talsperre, die hinter sich und 60m höher den riesigen, gleichnamigen See verbirgt. Das Cool Camp liegt auf der anderen Seite des Baffing, und ist über eine Brücke und eine kurze staubige Piste schnell erreicht. Hier lebt der Holländer Casper Jansen und hat sich direkt am Fluss ein kleines Paradies geschaffen. Neben dem prächtigen und schattigen Camp betreibt er auch einen grossen Gemüsegarten und eine kleine Bananenplantage, züchtet Fische, hält Hühner und zum Spass sogar zwei Pferde.

Hängengeblieben am Fluss

Da wir gerade sowas wie eine Reise-Halbzeit-Krise haben, machen wir im Cool Camp Mali mal so richtig Urlaub und bleiben hier ganze zwei Wochen hängen.
Als einzige Gäste geniessen wir die Ruhe und den Kontakt zu Casper und seinen Beschäftigten. Wir schlafen aus, erfreuen uns am täglich vom Dorfbäcker frisch gelieferten Brot, verplämpern dann im Schatten der Mango- und Cashew-Bäume die Zeit mit Lesen und am Compi und erfrischen uns mindestens zweimal am Tag beim Baden bei den Hippos im herrlich erfrischenden Flusswasser.

Und damit es uns nicht allzu langweilig wird, machen wir zwischendurch eine Bootsfahrt auf dem Baffing, eine 15km Wanderung durch die Savanne zum Lac Manantali oder Ausflüge ins Dorf zum Markt.

Die Höhepunkte des Aufenthalts bietet uns allerdings Casper, in dem er uns zu seinen samstäglichen Brunnenreparaturen mitnimmt.

Casper repariert Brunnen

Casper Jansen vom Cool Camp Mali ist hier schon fast eine Institution, alle in der Region Manantali kennen und schätzen ihn. Er zieht zwar sein Ding durch und hat fortschrittliche Vorstellungen und Ideen im Camp und seinem Garten, er setzt sie aber mit lokalen Mitteln um, mit dem, was es hier eben gibt. Er macht nichts, was die Locals nicht auch tun könnten, sollten sie es wollen. Nichts ist exklusiv für ‘Le Blanc’, er teilt seine Ideen und sein Wissen und insbesondere die jungen Männern, die er beschäftigt, können davon profitieren, so sie es wollen. Casper teilt das bescheidene Leben der Menschen hier, versucht es aber mit Anpacken und Knowhow zu verbessern und zu bereichern.

Ein gutes Beispiel dafür ist sein Brunnen-Reparatur-Projekt.
Die meisten für’s Trinkwasser relevanten Brunnen der Region funktionieren mechanisch: Das Grundwasser liegt in 10 bis 30m Tiefe und wird durch ein 15cm dickes und mit einem Rohr armiertes Bohrloch angezapft. Darin wird ein Pumpenzylinder an verschraubten 4cm-Rohren von jeweils 3m Länge hinuntergelassen, worin sich die ebenfalls in 3m Stücken verschraubte Stösselstange befindet. Am Ende des Rohres wird dann mit einem langen Hebel via die Stösselstange der Pumpenkolben bewegt und Wasser an die Oberfläche gepumpt.
Die Mechanik stammt aus Indien und ist wirklich sehr robust, aber sie ist schon seit mehr als 30 Jahren im Gebrauch. Der Zahn der Zeit nagt v.a. an den Achsen und den Lagern der Hebel und Umlenkungen und insbesondere an den Gummiringen an den Kolben in den Pumpen.
Casper hat in den letzten Jahren einerseits ein System entwickelt die Rohre inkl. der Pumpen sicher aus den Bohrlöchern zu hieven (fällt etwas in das tiefe Dunkel, ist’s definitiv aus mit dem Brunnen) und andererseits die kaputten Teile zu revidieren und zyklisch wieder zum Einsatz zu bringen.

Der lokale Sanitär und seine Leute freuen sich an den Aufträgen, einige junge Menschen am erlangten Knowhow und die Dorfbewohner am wiedererlangten Trinkwasser.

Eine coole Sache, davon sind wir überzeugt!

 
Spenden-Konto: NL66 SNSB 0908 7637 43 (BIC: SNSBNL2AXXX)
Name: Diaconie Hofkerk Goor, 7471 LX Goor, Niederlande
Mitteilung: Ten gunste van Casper Jansen voor de reparatie van pompen in dorpen in de regio Manantali

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