Marokko

Betty und Serge

Nach der Landung im Hafen von Tanger Med am 2. November fahren wir der marokkanischen Mittelmeerküste entlang nach Cala Iris, wo wir uns mit Serge und Betty verabredet haben. Die zwei Franzosen haben wie wir, einen zum geländegängigen Reisemobil umgebauten Sprinter. Wir werden zusammen einen grossen Teil unserer Reise verbringen.

Les enfants du desert

Serge und Betty arbeiten für die Organisation Enfants du désert, die seit 2005 jedes Jahr eine R4-Rallye organisiert und dabei Berge von Kleidern, Büchern, Haushaltsgeräte und Spielsachen von Frankreich nach Marokko transportiert, welche dann direkt an Menschen vor Ort gelangen. Daneben hat die Organisation mit Spendengelder inzwischen schon 25 Schulen im ländlichen Marokko aufgebaut.

Wir haben die Gelegenheit in der Nähe von Es-Sifa die allererste Schule des Projekts zu besuchen, wo wir vom überaus freundlichen Gärtner und vielen Kindern herzlich empfangen wurden.

Die Schule wurde von einem jungen Paar aus Frankreich finanziert, das sich zur Hochzeit keine Geschenke gewünscht und auch kein Fest gemacht, dafür aber Geld für dieses Hilfsprojekt gesammelt hat. Aus der einst aus einem einzigen kleinen Gebäude bestehenden Schule ist unterdessen ein Schulareal mit zwei Klassenhäusern, einer Bibliothek, einem Garten mit Spiel- und Sportplatz und nicht zuletzt mit einer sauberen Wasserversorgung und einer Toilettenanlage entstanden.

Dass solche Projekte in einem eigentlich reichen Land nötig sind, ist eine Schande!

Assia die Lehrerin von Tanzourout

Vor zwei Jahren habe ich in Tanzourout nahe von Foum Zguid einen Kindergarten besucht, wo die junge Frau Assia als Lehrerin arbeitet und wurde zum Tee eingeladen (Afrikareise 2017-2018 – Foum Zguid). Nun möchte ich ihrer Familie ausgedruckte Fotos von damals vorbei bringen und sehen, wie es Ihnen geht. Die Freude ist gross, sie erinnern sich gut an meinen letzten Besuch. Sofort wird für mich und Stephan Tee, Gebäck und Nüssli aufgedeckt und nach einigem Geplauder zeigen uns Assia und ihre Schwägerin Aziza stolz ihr grosses Haus. Zum Abschluss werde ich noch traditionell eingekleidet, die besten Stücke und der Hochzeitskopfschmuck der Familie werden hervorgekramt. Die Schwarzen Tücher die farbig bestickt sind, gehören in dieser Region zur Tracht. Darüber wird ein schweres Band am Kopf befestigt, dass mit vielen Silbermünzen und Halbedelsteinen bestückt ist. In der Familie gibt es nur ein Stück davon und bei jeder Heirat darf es dann jeweils die Braut tragen.

Clac x 4 und Sand-Heizung

Die strapaziösen Fahrten haben dem Sprinter von Serge und Betty bereits arg zugesetzt: “Il fait clac quand j’accélère et il fait clac quand je relâche la pédale” konstatiert Serge im weichen Sand des Erg Chegaga noch lakonisch. Auf dem Camping in Foum Zguid stellte sich dann aber heraus, dass das laute Geräusch, das nur im 4×4-Betrieb auftritt, eine zu grosse Unwägbarkeit auf den kommenden Pisten darstellt. Kurzerhand beschlossen unsere Reisegefährten nach Agadir zur nächsten MB-Vertretung zu fahren, wo sich dann herausstellte, dass ausserhalb Europas keine Garantiearbeiten vorgenommen werden können. Also fuhren sie gleich weiter nach Algeciras in Spanien und dort wurde ein Schaden an der Aufhängung des Vorderachsdifferentials diagnostiziert. Die gute Nachricht: Voraussichtlich werden sie in 7-10 Tagen wieder zu uns stossen – Inshallah.

Daneben nimmt sich meine Reparatur als Kleinigkeit aus, nachdem ich feststellen musste, dass unsere Standheizung gar nicht oder nur noch Sand wärmte.

Hoch oben im Antiatlas

Wir sind nun zum dritten Tag auf einem Pass (1721m) zwischen Foum Zguid und Taliouine neben einer Piste quer durch den Antiatlas. Der einst hart erkämpfte Weg ist teilweise am zerfallen und entsprechend kamen hier bisher genau zwei weitere Fahrzeuge, zwei uralte Ford Transit, vorbeigehötterlt.

Der Antiatlas ist eine Geröllwüste und die Ortschaften sind Oasen in den Oueds und Mulden zwischen den Bergen. Mit dem wenigen Wasser, das sich dort sammelt, werden dem kargen Boden sorgfältig Gärten abgetrotzt. Neben ihren selbst erstellten Häusern und einigen Tieren haben die Menschen hier wenig. Einige besitzen ein Moto, doch die meisten gehen kilometerweise zu Fuss, oft in simplen Plastikschlarpen. Nur die Strom- und Telefonmasten sind Zeugen vom eigentlich modernen und reichen Marokko. Was manchmal romantisch anmutet, ist meist ganz einfach ein sauhartes Leben in Armut. Omar will jedenfalls weg hier.

Gestern waren wir in der unglaublich schönen, fast betörenden Berglandschaft wandern. Wir bestiegen nahe unseres Biwakplatzes einen Jebel (1910m) und streiften durch die Geröllfelder. Hier findet man Graphit und Spuren deuten daraufhin, dass dieser auch in mühsamer Handarbeit abgetragen wurde.

Das Minarettgebot

Die Staatsreligion Marokkos ist der Islam und fast 99% der Bevölkerung sind Muslime. An dieser Tatsache kommt man hier nicht vorbei, an ihrer Ausprägung aber andauernd: kein Dorf ohne mindestens eine Moschee.

Und von den hohen, von weitem sichtbaren Minaretten, rufen die Muezzins morgens und abends zum Gebet. Manchmal tönt dies wie ein Jumbo Jet beim Start, manchmal anmutig schön.

 
Aber die meisten hier nehmen die Sache ganz entspannt – sie lassen die Moschee im Dorf …

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