Mauretanien

Aus der Westsahara nach Mauretanien

Auf dem Weg durch die Westsahara nach Mauretanien ist Dakhla die letzte grössere Stadt. Man kriegt hier in den Supermarkets noch Dinge, die in Mauretanien allenfalls in der Hauptstadt Nouakchott erhältlich sind.

Auf den folgenden knapp 400km bis zur Grenze nach Mauretanien gibt es dann noch genau einen nennenswerten Ort, nämlich Barbas, wo’s einige kleine Läden, eine Bäckerei und direkt an der Strasse das gleichnamige Hotel, mit seinem grossen, schon etwas gealterten, angenehm kühlen und atmosphärischen Atrium gibt (mehr dazu).
Ausserdem führt von Barbas aus die letzte Strasse ans Meer, zum Fischerhafen Lamhiriz, wo es Stellplätze direkt am Wasser gibt.

Von Lamhiriz sind’s zur Grenze gerade mal noch 100km und wir schaffen es, dort zu sein, bevor die Kolonnen vor dem marokkanischen Grenzgelände zu lang werden.

Die nun folgenden Prozeduren scheinen uns diesmal ungewohnt „straight-forward“ …

  • in der linken Spur an den Lastwagen vorbei und kurz vor der Eintrittskontrolle zum Grenzgelände frech in die Lastwagenkolonne wechseln
  • im Gelände drinnen bei den LKWs bleiben und rechts neben die Kabäuschen fahren
  • beim ersten Kabäuschen bei der Polizei Pässe abstempeln und Fahrzeug eintragen lassen
  • bis zum Scannerportal fahren und anstehen
  • zum Scanner vorrücken, Fragen eines Zöllners beantworten
  • nach Durchleuchtung des Autos auf Protokoll warten
  • zu Tischchen links fahren, erneute Befragung und Kontrolle mit Hund ertragen
  • in Richtung Geländeausgang fahren und parkieren
  • zu Fuss zurück zum Gebäude gegenüber vom ersten Polizeikabäuschen gehen und Scannerprotokoll vom Zoll-Inspecteur abstempeln lassen
  • zu Fuss zum Kabäuschen rechts vor dem Geländeausgang gehen, Scannerprotokoll abgeben und Pässe zeigen
  • mit Wagen vorrücken, Pässe zeigen und Grenzgelände verlassen
  • seltsame zusätzliche Ausweiskontrolle durch Polizei ausserhalb des Geländes ertragen

dann auf 2km Asphalt und 1km begradigter, aber rumpeliger Piste Kandahar (eigentlich Polisariogebiet) durchqueren …

  • ins mauretanische Grenzgelände fahren und rechts nach dem Tor parkieren
  • Schwarzgeld wechseln und ggf. vom Geldwechsler Tipps annehmen, „Fixer“ ignorieren
  • zur links gegenüberliegenden Gendarmerie gehen und Pässe und Fahrzeugausweis erfassen lassen
  • im nächsten Gebäude links Visa erstehen (Foto, Fingerprint, 55€)
  • mit dem Auto weiter durch ein Tor und danach rechts parkieren
  • zu Fuss zum Zollgebäude rechts auf dem Hügel gehen und im kleineren Haus rechts die „Admission“ fürs Auto ergattern (10€, sind nicht offiziell)
  • mit Auto bis vor den Ausgang des Grenzgeländes vorrücken
  • links ins Polizeigebäude zum Abstempeln der Pässe (langwierige Sache)
  • nochmals Pässe etc. vorweisen und Grenzgelände verlassen
  • sofort links parkieren und bei ‚RIM Assurance‘ Versicherung abschliessen (~30€)

… und nach bloss 3 Stunden sind wir in Richtung Nouadhibou unterwegs.

Der Eisenbahn entlang und nach Atar

Um von Nouadhibou auf direktestem Weg nach Atar zu kommen, fahren wir zuerst der Erzeisenbahnlinie entlang bis nach Ben Amera und dann offroad durch Büschelgrasdünen nach Südosten zur RN1, die uns dann ins Bab Sahara in Atar führt.

Die Strecke fahren wir nicht zum ersten Mal und ich habe bereits während früherer Reisen von vielem, was hier zu bewundern ist, berichtet.
Von der Eisenbahnlinie, auf der Züge von bis zu 2.5km Länge aus dem Eisenerztagbau um Zouérat nach Nouadhibou verkehren. Dann vom Goldrush der in der Region herrscht, den Männern mit Metalldetektoren und den mittelalterlichen Gruben in denen Menschen ihr gefährliches Glück suchen. Und von den Monolithen Ben Amira und Ben Aisha, von denen Ben Amira der zweitgrösste weltweit ist (mehr dazu).
Nun kommen noch einige vorislamische Antennengräber dazu, von denen wir auch in dieser Region entdeckt haben, und andere neue Eindrücke.

Immer wieder Nouakchott

Von Atar fahren wir in die Hauptstadt, weil wir dort unseren Freund Elhadj und seine Familie besuchen wollen. Die rund 450km bringen wir auf meist gutem Belag und bei wenig Verkehr recht entspannt hinter uns.

Nouakchott, wo etwa 1.5 der 5 Millionen Mauretanier leben, ist viel zu schnell und unorganisiert gewachsen und leidet insbesondere unter einer chronisch schlechten Infrastruktur und dem chaotischen Verkehr. Ob der erst vor zwei Wochen eingesetzte, ambitionierte, neue Polizeichef all die Mercedes-Anarchos, Tuctuc-Chaoten und sonstigen Verkehrsindividualisten wirklich dazu bringt, so blöde Regeln wie etwa in Spuren zu fahren und bei Rot anzuhalten, zu befolgen?

Doch die Stadt ist auch einfach irgendwie lässig und hat Charme.

Während unserem Aufenthalt in Nouakchott stehen wir im ‚Terjit Vacances‘ am Meer. Das Terjit wurde von Hadj’s Mutter Salka vor gut 30 Jahren gegründet, was damals eine Pionierleistung war. Es umfasst ein kleines Hotel, einige Cabanes, einen grossen Stellplatz und ein gutes Restaurant. Das Hotel wurde von Hadj kürzlich renoviert und auch die übrige Anlage wird demnächst in Schuss gebracht werden. Als Ingenieur, Planer und Bauunternehmer, trägt Hadj mit seiner Firma GSCO zudem auch das seine zur Entwicklung des Landes bei.
Leider sorgt der starke Landwind für viel Sand und Staub in der Luft und verdirbt diesmal die Stimmung hier gründlich. Die Gutwetter-Variante haben wir 2020 erlebt.

Donne moi fiche!

Entlang der Strassen Mauretaniens gibt es viele Checkpoints, sehr viele!
Es gibt Checkpoints der Gendarmerie, der Police national, der GGSR (Groupement Général de la Sécurité des Routes) und sogar vom Douane und sie sind meist an den Einfalls- und Ausfallsstrassen von grösseren Orten, an Provinz- bzw. Distriktgrenzen, an bedeutenden Verzweigungen, aber manchmal auch irgendwo platziert.
Nach einem 60er-Schild, kommen dort jeweils ein Ralentir- und zuletzt, aber noch immer weit vor dem eigentlichen Kontrollpunkt, ein Halt-Schild.

Hier gilt es pro forma zu warten, bis einem ein Uniformierter herwinkt. Sollte partout kein solcher zu sehen sein, denn es läuft nichts und es ist heiss, Zeit zum Essen oder fürs Gebet, rückt man halt mal vor und macht sich irgendwie bemerkbar.
Steht der Beamte dann neben dem Wagen, grüsst er erstmal militärisch, fragt nach dem üblichen „ça va? bien laabess becher hamdullilah“-Sermon freundlich woher man kommt und nach dem Reiseziel, findet dann „donne moi fiche!“ und wünscht einem nach einem kurzen Blick auf das überreichte Informationsblatt „bonne route“.

Allein auf dem rund 600km langen Stück der Route de l’Éspoir von Nouakchott bis Kiffa sind wir 19 Fichen los geworden, also im Schnitt alle 30km eine. Und während unserem etwa sechswöchigen Aufenthalt in Mauretanien werden wir erfahrungsgemäss mehr als 100 Stück davon abgeben. Doch die Fichen erleichtern das Reisen hier sehr, ersparen sie einem doch an den Checkpoints jeweils das Vorzeigen der Ausweise und das umständliche Aufnehmen von Personen- und Fahrzeugdaten durch die ‚Organe‘.

Über den Nega zu den Pavianen

Schon 2021 fuhren wir von Kiffa „direkt“ nach Tidjikja, auf einer noch undokumentierten, recht abenteuerlichen Route.
Wir durchquerten damals den Erg Aouker auf einer Piste im Oued Taskass, folgten dort den Spuren über die Sebkhets entlang der Falaise des Tagant-Plateaus (wo Oberflächensalz abgebaut wird) und fuhren ab da offroad und suchend weiter nach Osten, bis wir beim Tarf Iguekkatene über die dort stark verdünte Ostflanke der Falaise einen steilen, anspruchsvollen Weg aufs Plateau fanden.

Diesmal wählen wir für den Anstieg die bekannte Fahrt über den Nega-Pass zwischen Boumdeid und El Gheddiya.
Nachdem wir Kiffa auf engen, unübersichtlichen Strässchen durchquert haben und im Norden verlassen, staunen wir nicht schlecht, als wir uns unvermittelt auf einer nigelnagelneuen Teerstrasse wiederfinden, die erst in Boumdeid mit einer Tankstelle endet.

Hier beginnt die sandige Piste, auf der wir zuerst durch einen regelrechten Wald kurven und später die 250 Höhenmeter zum Nega-Pass in tiefen, weichen Spuren, steinige Passagen umfahrend, lustvoll hochcruisen 😎

Auf dem Tagant-Plateau hört der Spass leider auf und bis Irade geht’s langsam und wackelig meist über Geröll und Steinplatten. Die Landschaft und der Besuch der Gueltas von El Geddhiya und Irade belohnen uns aber unterwegs.

Kurz vor Irade treffen wir schliesslich auf schon fortgeschrittene Strassenarbeiten und ein fertiggestelltes Trassee. Die Strecke von El Geddhiya nach Tidjikja soll bis im April 2025 asphaltiert sein und dann fehlen nur noch die 50km von Boumdeid nach El Geddhiya, an denen auch schon gearbeitet wird.
Die Nega-Pass-Piste wird in einigen Jahren vermutlich ihren Reiz verloren haben.

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