Algerien


Bienvenue en Algérie

Die tunesischen Grenzer bei Hazwa staunten etwas und die algerischen auf der anderen Seite vor Taleb Larbi noch etwas mehr, als wir allein und ohne Guide hier antraben. Sie weisen uns an, uns zu den 20 Fahrzeugen der schon fünf Stunden wartenden italienischen Reisegruppe zu stellen, die Pässe abzugeben und ebenfalls zu warten. Wir tun dies und stellen uns auf einen längeren Aufenthalt hier ein.
Doch bereits nach einer Stunde hat die Polizei “unseren Fall” bearbeitet und wir dürfen vorrücken und erhalten nach einer weiteren halben Stunde vom Zoll den Fackel “Titre de Passage en Douane” und unsere Pässe zurück. Nachdem wir schliesslich noch die Auto-Versicherung gelöst haben, heisst man uns Bienvenue in Algerien und wünscht uns Bonne Route.

Anderntags am ersten Checkpoint, nach 25km auf algerischen Boden und kurz nach dem ersten Biwak in algerischem Sand des Grand Erg Oriental, fragen uns die Gendarmen, ob wir nach Djanet unterwegs seien. Überrascht von der Harmlosigkeit der Frage und der Möglichkeit, die sich da auftut, beschliessen wir spontan genau dies zu sein, obwohl das gar nicht geplant war. Also treiben wir in El Oued Geld und SIM-Karten auf und fahren auf einer neuen Route direkt in den Süden.

Von El Oued nach Illizi

Algerien ist gross, sehr gross, mit fast 2.4 Mio Quadratkilometern das grösste Land Afrikas und das 10. grösste der Welt und damit rund 58 mal so gross, wie die Schweiz. Dem entsprechend sind auch die Distanzen und die Grossräumigkeit der Landschaften.
Auf der 1200km langen Strecke von El Oued durch den Grossen Erg Oriental, über das Plateau du Tinrhert und zwischen dem Erg Issaouane und dem Erg Idehan Ubari hindurch bis Illizi, das 800km Luftlinie weiter südlich am Nordrand der Gebirgskette Tassili n’Ajjer liegt, waren wir gemütliche vier Tage unterwegs.

Bis Hassi Messaoud, im Dünengebiet Dokhara, beeindrucken die erfolgreichen Anstrengungen die Wüste fruchtbar zu machen (Gaddafi hätte Freude daran).

Das Gebiet um Hassi Messaud ist stark durch Ölförderanlagen, Gasfackeln und russgeschwärztem Sand geprägt.

Durch den Grossen Erg führt die Strasse über die breiten Ebenen zwischen den gewaltigen, wunderschönen Dünenketten.

Ab Hassi Bel Guebbour über das Plateau du Tinrhert bis weit über Ohanet hinaus nach Osten wähnt man sich wie auf einer riesigen Baustelle – sowohl landschaftlich, als auch kulturell.

Von der Fahrt via In Amenas nach Illizi, auf unmerklich ansteigenden Plateaus, über steile Falaisen und durch ausgedehnte Reggebiete, bleiben vor allem die spektakulär angelegte Strasse über ein veritables “Sandgebirge” und die hirnrissige Autobahn auf den letzten 30km in Erinnerung.

Zwischen Illizi und Djanet …

Seit dem Jahr 2000 kann man die gut 400km lange Strecke im Tassili n’Ajjer-Gebirge auf stets über 1000m über Meer auf der asphaltierten RN3 bequem zurücklegen. Das nimmt der Fahrt natürlich das Abenteuerliche, aber keinen falls den Reiz.
Über den von der Sonne schwarz gebrannten Sandstein des Fadnoun-Plateaus kontinuierlich ansteigend, geht’s über diverse Pässe auf bis über 1600m, steil abfallende Falaisen führen auf die darunter liegende Ebene und flankiert vom Erg Admer erreicht man am Rand des Tassili n’Ajjer entlang fahrend die Oase Djanet.

Bis jetzt ماشي مشكيل

An den Checkpoints waren die Gendarmen oder Polizisten zwar immer ziemlich überrascht, ob der zwei älteren Schweizer, die da solo und ohne Guide im gelben Mobil anfahren, doch auch ebenso kooperativ. Meist genügte ihnen die Kontrolle der Reisepässe und der Visa. Manchmal musste auch telefoniert werden oder ein Capo wurde herbeigerufen. Die einen notierten sich die Namen unserer Eltern, andere unsere algerische Telefonnummer. Doch nach höchstens 20 Minuten liess man uns jeweils ohne Auflagen ziehen und wünschte uns stets freundlich gute Reise 👍

Allen Unkenrufen und den daraus resultierenden eigenen Bedenken zum Trotz sind wir also seit zwei Wochen individuell in Algeriens Südosten unterwegs und konnten bisher tun und lassen, was wir wollten. Insbesondere waren wir auch frei darin, wo wir die kalten Nächte verbringen.

Weg von fossilen Energien?

In Algerien, zumindest in den von uns bisher durchfahrenen Gegenden des Grand Erg Oriental und des Erg Issaouane, ist davon nichts zu spüren – im Gegenteil!
Wind- oder PV-Parks sind hier keine zu sehen. Hier wird investiert in die Öl- und Gasförderung, und zwar im grossen Stil. Mit tausenden Kilometern von asphaltierten Strassen und Pipelines werden die entlegensten Fundorte erschlossen. Den Strassen entlang gibt es für die Truckers moderne Raststätten und für die gut verdienenden Angestellten aus den verschiedensten Länder sogenannte ‘Base de Vie’, ziemlich luxuriöse Resorts, mit Häusern, Wohncontainern, Hotels, Läden und Kinos, und Flughäfen mit Direktflügen nach Algier, aber auch nach London und Paris.
Es herrscht Goldgräberstimmung und von der induzierten Entwicklung und dem Aufschwung profitieren die ganze Region und auch die vor kurzem noch verschlafenen kleinen Orte.

Quizfragen: Wieviel kostet hier der Liter Diesel? Und woher kommt wohl der Strom?

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