Marokko


Die ersten Tage in Marokko

Wir besorgen uns noch im Hafen von Tanger Med lokales Geld (10 Dirham~1 Franken) und fahren dann ostwärts an die Mittelmeerküste nach Fnideq, wo man kurz vorher an den unschönen Zäunen von Ceuta, die den Zugang zur spanischen Enklave bzw. nach Europa versperren, vorbeikommt.

Hier in der Stadt einen Parkplatz im Zentrum zu finden, ist wie überall in Marokko eher schwierig. Doch hat man einen in Sicht, so kommt sofort wie aus dem Nichts ein gelb bewesteter Garde, der einem beim Einparken hilft und später ein Auge auf den Wagen hat. Das gibt einem ein gutes Gefühl und dem Wächter ein Einkommen (5 oder 10 Dirham, je nach länge des Aufenthalts). So geschehen, können wir also in Ruhe Einkaufen gehen und uns auch noch SIM-Karten von Maroc Telecom besorgen. Telefonieren ist hier recht günstig (auch ins Ausland) und Internetguthaben richtig billig (1 GB für 10 Dirham).

Die ersten drei Tage verbringen wir etwas südlicher am Meer, wo wir vergeblich hofften, unsere Erkältungen los zu werden. Wie aber schon auf der Anreise ist es auch hier bewölkt, regnerisch, windig und kalt und nach zwei unattraktiven Tagen fahren wir morgen ins Rif.

Abstecher ins Rifgebirge

Unser Abstecher in die Berge führt uns zuerst nach Akchour, das im Nationalpark Talassemtane im Rifgebirge liegt. Hier geniessen wir erstmals die Sonne bei Spaziergängen durch abgeerntete Hanffelder und einer Wanderung zum Pont de Dieu, einem natürlichen Felsübergang über eine tiefe Schlucht.

Nach zwei Tagen besuchen wir Chefchouen, eine recht moderne, spanisch geprägte Kleinstadt, die uns sehr gefällt.

Nach dem wir uns auf dem dortigen Markt mit frischem Gemüse eingedeckt haben, fahren wir weiter über zwei erst vor kurzem wieder geöffnete Pässe (über 1500müM) und durch wegen der Kälte noch winterlich anmutende Städtchen. An den vielen Hanffeldern und den entsprechenden Händlern am Strassenrand vorbei geht’s wieder zurück in Richtung Mittelmeer nach El Jebha, wo sich das Wetter unterdessen verbessert hat.

Cala Iris

Der Weg von El Jebha nach Cala Iris im Parc National El Hoceima führt zuerst der Hauptstrasse entlang durch hügelige, küstennahe Landschaft und dann auf einem schmalen, holprigen Nebensträsschen zum kleinen Fischerhafen. Weil wir unterdessen eine warme Dusche brauchen könnten, entschliessen wir uns für einen Platz auf dem Camping ‘Amis de Cala Iris’ den wir zu dieser Jahreszeit ganz für uns allein haben. Er liegt auf einer Plattform am Meer mit herrlicher Sicht über die Bucht und wir bleiben hier fünf Nächte.

Peñón de Vélez de la Gomera

Peñón de Vélez de la Gomera ist eine von Cala Iris sichtbare, 22km entfernte, kleine Felseninsel, welche durch eine Sandbank mit dem Festland verbunden ist. Wie’s der Name andeutet, ist sie in spanischem Besitz und beheimatet eine komplett autarke Festungsanlage. Die Anlage und die 20 bis 30 spanischen Soldaten, die sich dort befinden, werden von Spanien aus versorgt: Wasser, Essen, Diesel etc. werden per Schiff angeliefert. Die “geschlossene” Grenze zu Marokko bildet ein blauer Strick, der über die Sandbank gespannt ist und auch vom Festland durch marokkanische Soldaten “überwacht” wird.

Nach einer wunderschönen Wanderung der Küste entlang können wir uns diese Absurdität von nahem ansehen.

Cap des trois Fourches

Nach einem Abstecher in die moderne Universitätsstadt Al Hoceima, wo es von Polizei und Militär nur so wimmelt, weil hier in den letzten Monaten die Proteste der Rif-Bevölkerung gegen den König aufkeimten, fahren wir die abwechslungsreiche Küstenstrasse in Richtung Melilla und dann auf einer einspurigen Landstrasse hoch über dem Meer der Steilküste entlang bis zum Leuchturm am ‘Cap des trois Fourches’. Etwas unterhalb des Turms stellen wir uns für die Nacht hin und kaum ist es dunkel, tauchen zwei Offiziere auf, die uns erklären, dass das hier eine militärische Zone sei. Wir befürchten, abziehen zu müssen, aber die freundlichen Typen wollen nur meinen Ausweis sehen und melden uns telefonisch bei der Zentrale. Nachts liegt dann ein junger Soldat ganz in unserer Nähe mit Schlafsack im Gelände und nimmt am Morgen gerne ein ‘Petit pain au Chocolat’ von uns entgegen.

Ab in den Süden

Trotz Winter stellten wir uns das Wetter in Marokko anders vor. Jedenfalls haben wir die Kälte der letzten zwei Wochen satt und wollen in wärmere Gefilde, also ab in den Süden.

Um Melilla fahren wir wie bei Ceuta erneut an EU-Stacheldraht entlang, um dann via Nador und Berkane nach Oujda, der Grossstadt im Nordosten Marokkos zu gelangen, von wo die N17 fadengerade südwärts in die Sahara führt. Ca. 30km nach Oujda finden wir auf einer Nebenstrasse einen schönen Übernachtungsplatz direkt neben dem offiziell stillgelegten Bahntrassee des Oriental Desert Express, auf dem dann doch mitten in der Nacht lärmig ein Zug vorbeirattert und uns ziemlich erschreckt. Vermutlich wird die Strecke für Transporte von den nahe gelegenen Minen noch verwendet.

Anderntags gondeln wir noch etwas in der landwirtschaftlich gut erschlossenen Gegend herum, bevor wir dann auf der N17 auf den Ostausläufer des trockenen Rekkam Plateaus gelangen: flach so weit das Auge reicht, kaum Verkehr und ausser bei einigen Nomadenlagern keine Menschenseele. Wir fahren irgendwo runter und etwas weg von der Strasse und geniessen unsere erste Nacht in der Wüste.

Es ist hier zwar schön, trocken und an der Sonne auch recht warm, doch die Nacht ist mit -3° bitterkalt. Wir haben den Anstieg kaum bemerkt, aber wir sind mittlerweile auf 1288müM.

Querfeldein nach Ich

Bevor wir die Route in Angriff nehmen, machen wir in Tendrara Halt und den Tank voll. Der Einstieg zur Piste nach Ich ist nicht leicht zu finden und die Locals sind dabei auch keine Hilfe: sie scheinen noch nie von dem kleinen Kaff an der algerischen Grenze gehört zu haben. Nach einigem hin und her sind wir aber nach der Querung der alten Gleise bei einem Bahnhof aus der Kolonialzeit auf der richtigen Piste. Sie führt anfänglich durch mit Grasbüscheln bewachsenes, sandig-lehmiges Gelände und die hier noch zu findenden Brunnen ermöglichen den Nomaden neben der Haltung von Schafen und Ziegen auch die von Kühen (welche manchmal lustige Mäntelchen tragen).

Später geht es im Zickzack-Kurs durch ein kleines Sanddünenfeld, nach welchem wir auf einer kleinen Anhöhe eine bitterkalte Nacht verbringen. Die Morgensonne wärmt aber schnell und die Piste führt bald über eine schnell zu befahrende Kiesebene zur Asphaltstrasse kurz vor Ich. Hier gibt es erstaunlich viel Wasser, was die Existenz der abgelegenen Oase erklärt.

Ksar Ich liegt direkt an der algerischen Grenze auf rund 1200müM und hat ihre besten Tage hinter sich. Die alten Gemäuer des Ksars sind am zerfallen und der neue Ortsteil ist nichts besonderes. Trotzdem lassen wir uns das kleine Museum zeigen und uns durch die Palmerie führen. Es erheischt Respekt, wie die wenigen Menschen hier durchhalten.

Von Ich nach Figuid

Von Ich geht’s zuerst 12km zurück auf der Asphaltstrasse und dann links auf die teils recht schwierig zu fahrende, steinige Piste durch superschöne, bizarre Felslandschaften, die zur Barrage Sefelssif führt. Da sie stets nur einige Hundert Meter entfernt der algerischen Grenze entlang führt, hat es hier alle paar Kilometer einen kaum als solchen zu erkennenden Militärposten. Die Hütten sind aus Lehm und mit Plastikplanen abgedeckt und die Soldaten tragen meist einfach Trainer und Turnschuhe. Sie stoppen einem immer sehr freundlich und nehmen die Personen- und Fahrzeugdaten auf. Dies können wir meistens, auch zur Zufriedenheit der Soldaten, abkürzen, indem wir ihnen eine unserer vorgefertigten Fichen mit den nötigen Informationen abgeben.

Nach dem Stausee, der die südlich gelegene Region um Figuig mit Wasser versorgt und momentan nicht besonders voll ist, weil’s seit über einem Jahr nicht mehr geregnet hat, wird die Piste breit und schnell. Wegen der einbrechenden Dunkelheit stellen wir uns einfach neben die Piste und die herbeigeeilten Militärs autorisieren unsere Übernachtung wieder einmal beim Kommando ab, nicht ohne uns zu versichern, dass dies zu unserem Schutz sei und wir sie jederzeit durch Lichthupen, für was auch immer wir benötigen, herbeirufen könnten. Wir fragen uns, ob wir bald einen Generalpass der Oberkommandantur für militärische Zonen erhalten?

Am nächsten Tag kommen wir dann schon früh morgens in Figuid (900müM) an, wo wir uns beim ‘Hotel Camping Figuig’ einrichten und vier Tage bleiben.

Via Bouanane in den Westen

Ungefähr 50km nach Figuid biegen wir links auf eine breite, staubige Piste ab. Sie führt direkt nach Mengoub im Westen und ist auf der Karte als ‘Route interdite’ eingetragen, weil sie anfänglich unmittelbar neben dem von den Marokkanern gebuddelten Grenzwall (dazu mehr in einem Extrabeitrag) entlang führt. Trotzdem werden wir vom Militär nicht einmal kontrolliert. Vorbei an vielen Wasserstellen und entsprechend vielen Nomadenlagern geht’s durch recht eintönige Landschaft zur N10 und nach Bouanane, nach welchem wir unweit der Strasse unser Lager aufschlagen.

Die Piste nach Merzouga

In Boudenib haben wir Glück. Erst vor zwei Monaten wurde hier eine Tankstelle eröffnet und wir können den fast leeren Tank füllen und nach dem Einkaufen auf dem Markt direkt die lange Piste nach Merzouga in Angriff nehmen.

Die Route verläuft zuerst über eine Regebene auf einem Hochplateau (1000-1100müM) und ist recht anspruchsvoll: tiefe Gräben in Oueds, immer wieder Weichsandstellen und grosse Felsbrocken auf dem Weg. In der bald sehr einsamen Gegend begegnen wir den ganzen Tag keinem einzigen Fahrzeug und kaum Menschen.

Trotzdem kommen wir am Rand des Plateaus, nahe bei unserem Übernachtungsplatz, zu einer Lektion im Fladenbrot backen, erteilt von zwei aus dem Nichts aufgetauchten Männern.

Anderntags kommen wir gut voran und in der Nähe eines Militärpostens auf die steile, über Geröll führende Abfahrt vom Plateau in die darunterliegende Ebene. Im Schritttempo fahren wir dort die 300Hm hinunter. Dann geht’s an diversen kleinen Palmenoasen vorbei zum Nordrand der hohen Dünen des Erg Chebbi, wo wir übernachten.

Das letzte Stück dieser Etappe verläuft am Ostrand des Ergs entlang nach Merzouga, wo es gar nicht mehr einsam ist. Hier sind die “Dünentouristen” vom nahen Merzouga kommend in ganzen SUV-Karawanen an der Ergumrundung – eigentlich verständlich, angesichts der abenteuerlichen Sandfahrten durch diese wunderschöne Landschaft.

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