Afrika 2017-2018


Von Ich nach Figuid

Von Ich geht’s zuerst 12km zurück auf der Asphaltstrasse und dann links auf die teils recht schwierig zu fahrende, steinige Piste durch superschöne, bizarre Felslandschaften, die zur Barrage Sefelssif führt. Da sie stets nur einige Hundert Meter entfernt der algerischen Grenze entlang führt, hat es hier alle paar Kilometer einen kaum als solchen zu erkennenden Militärposten. Die Hütten sind aus Lehm und mit Plastikplanen abgedeckt und die Soldaten tragen meist einfach Trainer und Turnschuhe. Sie stoppen einem immer sehr freundlich und nehmen die Personen- und Fahrzeugdaten auf. Dies können wir meistens, auch zur Zufriedenheit der Soldaten, abkürzen, indem wir ihnen eine unserer vorgefertigten Fichen mit den nötigen Informationen abgeben.

Nach dem Stausee, der die südlich gelegene Region um Figuig mit Wasser versorgt und momentan nicht besonders voll ist, weil’s seit über einem Jahr nicht mehr geregnet hat, wird die Piste breit und schnell. Wegen der einbrechenden Dunkelheit stellen wir uns einfach neben die Piste und die herbeigeeilten Militärs autorisieren unsere Übernachtung wieder einmal beim Kommando ab, nicht ohne uns zu versichern, dass dies zu unserem Schutz sei und wir sie jederzeit durch Lichthupen, für was auch immer wir benötigen, herbeirufen könnten. Wir fragen uns, ob wir bald einen Generalpass der Oberkommandantur für militärische Zonen erhalten?

Am nächsten Tag kommen wir dann schon früh morgens in Figuid (900müM) an, wo wir uns beim ‘Hotel Camping Figuig’ einrichten und vier Tage bleiben.

Via Bouanane in den Westen

Ungefähr 50km nach Figuid biegen wir links auf eine breite, staubige Piste ab. Sie führt direkt nach Mengoub im Westen und ist auf der Karte als ‘Route interdite’ eingetragen, weil sie anfänglich unmittelbar neben dem von den Marokkanern gebuddelten Grenzwall (dazu mehr in einem Extrabeitrag) entlang führt. Trotzdem werden wir vom Militär nicht einmal kontrolliert. Vorbei an vielen Wasserstellen und entsprechend vielen Nomadenlagern geht’s durch recht eintönige Landschaft zur N10 und nach Bouanane, nach welchem wir unweit der Strasse unser Lager aufschlagen.

Die Piste nach Merzouga

In Boudenib haben wir Glück. Erst vor zwei Monaten wurde hier eine Tankstelle eröffnet und wir können den fast leeren Tank füllen und nach dem Einkaufen auf dem Markt direkt die lange Piste nach Merzouga in Angriff nehmen.

Die Route verläuft zuerst über eine Regebene auf einem Hochplateau (1000-1100müM) und ist recht anspruchsvoll: tiefe Gräben in Oueds, immer wieder Weichsandstellen und grosse Felsbrocken auf dem Weg. In der bald sehr einsamen Gegend begegnen wir den ganzen Tag keinem einzigen Fahrzeug und kaum Menschen.

Trotzdem kommen wir am Rand des Plateaus, nahe bei unserem Übernachtungsplatz, zu einer Lektion im Fladenbrot backen, erteilt von zwei aus dem Nichts aufgetauchten Männern.

Anderntags kommen wir gut voran und in der Nähe eines Militärpostens auf die steile, über Geröll führende Abfahrt vom Plateau in die darunterliegende Ebene. Im Schritttempo fahren wir dort die 300Hm hinunter. Dann geht’s an diversen kleinen Palmenoasen vorbei zum Nordrand der hohen Dünen des Erg Chebbi, wo wir übernachten.

Das letzte Stück dieser Etappe verläuft am Ostrand des Ergs entlang nach Merzouga, wo es gar nicht mehr einsam ist. Hier sind die “Dünentouristen” vom nahen Merzouga kommend in ganzen SUV-Karawanen an der Ergumrundung – eigentlich verständlich, angesichts der abenteuerlichen Sandfahrten durch diese wunderschöne Landschaft.

Rund um den Jbel Begaa

Da uns der Rummel rund um Merzouga nicht gefällt und noch Sprit im Tank ist, verlassen wir den Ort sofort wieder in Richtung Jbel Begaa den wir am frühen Nachmittag erreichen. Wir stellen den Camper auf eine Anhöhe und geniessen die geruhsame Wanderung auf den sandverwehten, schwarzen Berg mit seinem fossilienreichen Gestein und der Weitsicht auf dem Gipfel.

Am nächsten Tag umrunden wir den Berg und den anliegenden Erg Znegui meist auf topfebenen Regebenen. Die Region ist mineralhaltig, das zeigen die kleineren verlassenen Abbaustellen entlang der Piste und die Geisterstadt Mfiss, alles noch Installationen aus der Kolonialzeit.

Die Umrundung endet wieder in Merzouga, wo wir schliesslich doch noch eine sympathische Auberge finden und zwei Nächte bleiben.

Viel Sand bis kurz vor Sidi Ali

Nach einem kurzen Stück Goudron bis Taouz, biegen wir auf eine vorerst harte Lehmpiste ab, an der es erstmal prähistorische Felsgravuren zu sehen und frischen, würzigen Wüstenruccola zu ernten gibt.

Bald erreichen wir dann den kleinen Weiler Ramlia, nach welchem das berüchtigte Oued Rheris zu durchqueren ist. Das Oued ist 5km breit und ist gefüllt mit Tonerde, die von den nach Regenfällen immer mal wieder gewaltigen Wassermassen herangeschwemmt wird. Durch die Sonne getrocknet, wird sie zuerst hart, zerbröselt dann aber bald zu feinstem Staub, dem sogenannten ‘Fech Fech’. Dieser liegt hier teilweise knietief und ist sehr schwierig zu durchfahren. Um die Auflage und damit die Traktion zu erhöhen, lassen wir einen Drittel der Luft in unseren Reifen ab und überwinden so die Passage problemlos, aber gefühlt mehr schwimmend als fahrend.

Nach einigen weiteren sandigen Kilometern wird die Piste steiniger, aber die tiefliegende Abendsonne lässt keine Weiterfahrt gegen Westen mehr zu. So übernachten wir, wo wir sind, in den Bergen vor Sidi Ali Tafraoute.

Staubig bis Tagounite

Die kurz Strecke bis Sidi Ali Tafraoute führt auf harter Piste dem Oued El Maider entlang, wo wir über die vielen Bienenkästen erstaunt sind. Es gibt zwar Brunnen, was auch Feldwirtschaft ermöglicht, doch das einzige was gerade hier blüht, ist der wilde und auch der extra angebaute Ruccola.

Nach der Querung des Lac Maider geht’s über topfebene, schnell zu fahrende Regebenen bis Oum Jrane und über einen steinigen Pass ins Oued Mird. Hier am Rande eines Hochplateaus gibt es so viel Grundwasser, dass das eigentlich trockene Oued auf einer Länge von 30km fruchtbar gemacht werden konnte.

Weiter im Süden werden wir dann an einem Militärposten an der Weiterfahrt auf der geplanten Route gehindert und müssen auf eine andere Piste nach Westen ausweichen. Schon am Nachmittag ist ein starker Wind aufgekommen, der sich mittlerweile zu einem ekligen Staubsturm entwickelt hat, der auch die Sicht stark behindert und nachts den Camper durchschüttelt.

Anderntags geht es weiter über steinige, steile Pässe und staubige Ebenen. Der Wind hält an und mit knirschenden Zähnen und sandigem Luftfilter erreichen wir Tagounite.

Über Stock und Steine nach Foum Zguid

Nachdem wir unsere Vorräte aufgestockt und getankt haben, verlassen wir die vom Wind mit Staub geschwängerte Stadt Tagounite in Richtung Westen. Auf der zwecks Erschliessung der Landwirtschaft neu gemachten Piste kommen wir zuerst schnell voran.

Nach circa 40km verschlechtert sich die Piste abrupt und es gibt ausser den Spuren der Kleinmotorrädern der Nomaden (der Marke Docker aus China) kaum Hinweise darauf, dass sie überhaupt noch befahren wird. Wir ergattern uns noch die ersten paar Kilometer und übernachten bei einigen Palmen neben einer Wasserstelle in einem Oued, in der Nähe eines Nomadenfriedhofs.

Am nächsten Tag hötterlen wir scheinbar endlos entlang eines Tafelbergs, zahllose kleine Oueds querend, kaum merkbar ansteigend, über Stock, Stein und Platten auf eine Passhöhe zu.

Wie man hier nun über die steilen 300Hm ins Tal runter kommt, kann im wahrsten Sinn als spannend bezeichnet werden.

 
Jedenfalls nennen wir unser Fahrzeug ab sofort respektvoll ‘The Dancing Chameau’ und sind ihm dankbar – uff!

Foum Zguid

Der Muezzin singt wunderbar hier in Foum Zguid! Das ist nicht überall gleich. Stephan macht sogar das Fenster beim ersten Ruf auf, damit wir seinen Gesang gut mitbekommen. Die Oasenstadt liegt umrahmt von hohen kahlen Bergen an einem Oued, das jedoch kaum Wasser führt.Wir geniessen auf dem gemütlichen Camping ein paar ruhige Tage.

Es hat zig Lädeli, ich verstehe das System noch nicht so genau. Man kann aber fast alles haben. Oliven gibt es beim einen Gemüsehändler, der andere hat dafür auch noch Eier. Wo ich Käse bekam, waren auch viele am Essen und wurde auch Brot und Kaffee verkauft. Wo Laiterie stand, gabs nur Fleisch, aber fast alle verkaufen Nüsse und Sweets. Brot hat fast jeder, aber eben nur fast. Ja dann hat’s noch viele Läden mit elektronischen Ersatzteilen, Motomechaniker, Schlosser, Geschäfte mit Gartengeräten, Putzgeräten, Seifen und Oele, Automechaniker und Kissenverkäufer. Wo es coole Musik hat, gibt es Telefone und Zubehör. Auch Kleiderläden mit modischen Outfits, gemischt mit Chellabas und bunten Tüchern gibt’s. Ein Schuhmacher flickt gerade Schuhe, eine Schneiderin näht Kleider und hat viele schöne Stoffe und Bordüren im Laden neben einer kleinen Bäckerei mit selbstgemachten Kuchen.

Die Palmeraie ist wunderschön. Aus den Palmblättern flechten sie kleine Zäune, um den Wind und den Sand von ihren Gärten abzuhalten. Diese sind recht stabil und sehen auch noch hübsch aus. Die Gärten sind schön gepflegt, aber im Moment hat es nur Gras und Klee für die Tiere. Der Weizen ist geerntet.

Nach der Palmeraie und den Gärten durchquere ich das breite Oued Zguid und komme nach einer halben Stunde in das kleine Dorf Tanzourout gegenüber von unserem Camping. Dort treffe ich die Lehrerin des Kindergartens. Ich werde eingeladen die Schule zu besuchen. Die Kinder sitzen alle ganz brav in ihren Bänken. Ich darf ihre Zeichnungen bestaunen und sie bestaunen mich, die Touristin mit dem Hund.

Danach wurde ich zum Tee ins Haus der Familie der Kindergärtnerin eingeladen.

Das Leben findet hier auf der Strasse statt, man redet miteinander, trinkt Tee, und die Jungs spielen Fussball. Die African League findet jetzt im Januar in Casablanca statt und Marokko hat eben Mauretanien 4:0 geschlagen! Da darf man schon stolz drauf sein.

Militärbedingte Rundtour

Wir verlassen nach drei Tagen das schöne Foum Zguid und biegen nach 50km Asphalt in den Süden ab. Die Piste nach Tata ist gut, doch schon nach wenigen Kilometern offiziell gesperrt. Wir fahren dennoch weiter, passieren einen Militärposten, der uns kontrolliert und unsere Weiterfahrt vom Kommando absegnen lässt. Leider sind die Militärs nahe der algerischen Grenze 20km später anderer Meinung, lassen sich durch meine Argumentationen nicht beeindrucken und eskortieren uns auf eine Piste zurück in den Norden. Schon nach kurzer Zeit stellen wir uns für die Nacht auf einen Hügel auf dem Mond und geniessen die Abendsonne.

Anderntags geht’s zuerst an vorübergehend dicht gemachten Nomadenlagern und Wasserstellen vorbei zurück nach Tissint an der N12 …

… und dann ungefähr 300km auf der Nationalstrasse nach Südwesten durch Tata bis Assa, von wo wir nun dem Oued Draa folgend nach Westen zum Atlantik gelangen wollen.

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